Tattoofarben

Informationen zur Chemikalienregulierung durch die EU Verordnung REACH!

Am 04. Januar 2022 trat die Verordnung (EU) 2020/2081 vom 14.Dezember 2020 zur Änderung des Anhangs XVII der REACH - Verordnung (EG) 1907/2006  „betreffend Stoffe in Tätowierfarben oder Permanent-Make-up“ in Kraft. In dieser Verordnung wurden u.a. 54 Pigmente verboten und die Höchstgrenzen für Inhaltsstoffe in Tätowiermittel auf max. 0,02% gesetzt.

Mit diesen Vorgaben wurden die bisher erhältlichen bzw. verwendeten Tattoofarben automatisch verboten. Auch wenn die bisherigen Farben durch die deutsche Tätowiermittel-Verordnung vom 13. November 2008  (TätMVO) zugelassen waren. Die Verwendung nicht REACH-konformer Farben wird mit einem Bußgeld von 50.000 Euro und bis zu 5 Jahren Haft bestraft.

Lediglich die Verwendung der Pigmente Blau 15:3 und Grün 7 wurde um ein Jahr als Übergangszeit verlängert. Das Verbot dieser Pigmente tritt am 04. Januar 2023 in Kraft. Für die genannten Pigmente gibt es laut Herstellern keinen adäquaten Ersatz. Somit würden rund 70% der bisher verfügbaren Tattoofarben verboten. Aus diesem Grund wurden zahlreiche Petitionen gestartet, wie „Tattoofarben retten“ oder auf EU-Ebene die „Save the Pigments“-Kampagne, um die Tattoo- und Kosmetikbranche zu schützen. Diese Petitionen fanden viel Zustimmung, doch bis heute ohne jeglichen Erfolg!

Was bedeutet dies für uns als Studio und für euch als Kunden?

Zwar wurden relativ zügig Ersatzfarben von wenigen Herstellern angekündigt, was den ersten Schock abmilderte. Doch aufgrund der weltweiten Situation ließen die Ersatzfarben sehr lange auf sich warten. Die Corona-Pandemie hatte viele Prozesse ausgebremst, da die Farbmittelhersteller ihre Herstellungsverfahren den EU Richtlinien anpassen mussten. Die Restriktion der Inhaltsstoffe (darunter auch die der Konservierungsmittel) mussten aufgefangen werden. 52 Pigmente fielen weg und mussten durch Alternativen ersetzt werden. Daraufhin folgten der Angriffskrieg Russlands und die dadurch entstandenen Sanktionen, die weltweit zusätzlich für Rohstoffmangel (ja auch bei den Farbpigmenten) sorgten. Der 2 Monate andauernde Lockdown (Mai/Juni 2022) des größten Frachthafens der Welt in Shanghai erschwerte die derzeitige Situation.

Die ersten alternativen Farben waren aus unserer Sicht „unbrauchbar“. Unbekannte Hersteller oder unbrauchbare Farbpaletten konnten aus qualitativen oder wirtschaftlichen Gründen die fehlenden Farben nicht ersetzen. Erst sehr langsam trudelten in den EU Ländern die ersten Ersatzfarbmittel ein. Unser bevorzugter Hersteller lieferte erst Ende August 2022 genügend Farben aus. Nur mit diesem Hersteller haben wir in den vergangenen Jahren gute Erfahrungen gemacht und konnten für uns qualitative Ergebnisse erzielen. Leider wurden auch diese nicht direkt auf die Großhändler verteilt und konnten nur direkt vom Hersteller gekauft werden. Dies erforderte die Beantragung einer EU Umsatzsteuer Nummer um den Einkauf aus EU Ländern steuerlich geltend zu machen.

Als dies nun endlich alles für uns möglich war, stellten wir nach einer Überprüfung der Tattoofarben fest, dass die neuen Ersatzfarbmittel nicht der kommenden Verordnung im Januar 2023 entsprachen. D.h. viele Farben wurden mit den Pigmenten Blau 15:3 und Grün 7 produziert. Diese fallen ebenfalls ab dem 04. Januar 2023 in die Reihe der verbotenen Pigmente! Das Prüfungszertifikat des Herstellers wurde in diesem Punkt extrem missverständlich formuliert.

Aufgrund der geringen Zeitspanne von 2-3 Monaten Verwendungszeit dieser Ersatzfarben, mussten wir uns gegen den Einkauf entscheiden. In dieser kurzen Zeit wäre es uns nicht möglich gewesen Kunden, die auf eine Farbtätowierung warten, einzusortieren. Die Wartezeit auf ein Tattoo in unserem Studio überstieg die Nutzungsdauer der Farben. Wir hätten somit zwar eine Farbpalette anbieten und erwerben können, allerdings hätten wir den Großteil der Tattoofarben ungeöffnet entsorgen müssen. Wirtschaftlich für uns als „kleines“ Tattoostudio nicht tragbar.

Ab dem 04. Januar 2023 bleiben nur sehr wenige Farbtöne übrig! Die viel zu hellen und pastelligen Farben sind für unsere Arbeiten unzureichend um eine lange Haltbarkeit der Tätowierung zu gewähren. Auch müssen wir mit weiteren Einschränkungen rechnen, die unsere Prozesse im Studio erschweren und ökonomisch sinnlos sind.

Aus diesem Grund haben wir entschlossen vorerst nur Tätowierungen in Schwarz und Grau anzubieten, lediglich die beiden Highlights Weiß und Rot werden wir mit anbieten können.
Uns liegen leider noch keine Informationen vor (Stand 01.November 2022) wie sich die Lage rund um die REACH Verordnung entwickelt, noch wie die Hersteller die Problematik mit den beiden nicht zu ersetzenden Pigmenten Blau 15:3 und Grün 7 lösen können. Erst wenn in dieser Situation eine klare Linie zu sehen ist, werden wir eine Wiederaufnahme des Farbangebots in Erwägung ziehen. Hoffen wir auf eine baldige positive Entwicklung!

Wir bitten vielmals um Verständnis!

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Was ist die REACH Verordnung?

Die Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (REACH-Verordnung) ist eine EU-Chemikalienverordnung, die am 1. Juni 2007 in Kraft getreten ist. REACH steht für Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals ‚Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung von Chemikalien‘. Als EU-Verordnung besitzt REACH gleichermaßen und unmittelbar in allen Mitgliedstaaten Gültigkeit. Durch REACH wurde das bisherige Chemikalienrecht grundlegend harmonisiert und vereinfacht. Seit dem Inkrafttreten wird die Verordnung fortlaufend aktualisiert und angepasst. REACH basiert auf dem Grundsatz: „No data, no market“ (Artikel 5). Dies bedeutet, dass Stoffe und Verwendungen, die nicht in der von der ECHA (Europäische Chemikalienagentur, näheres zur Behörde wird nachfolgend erwähnt) vorgegebenen Frist registriert sind, nicht mehr verwendet werden dürfen.

Nach dem Prinzip der Beweislastumkehr überträgt REACH die Verpflichtung zur Überprüfung der Chemikaliensicherheit von den nationalen Behörden auf die Hersteller und Importeure von Chemikalien, sowie auf alle Branchen, die Produkte unter Verwendung von Chemikalien herstellen. Dazu gehören auch Chemikalien, die im Alltag Anwendung finden, wie z. Beispiel: Farben, Lacke oder Reinigungsmittel.

Alle Hersteller und Importeure von chemischen Stoffen müssen die Risiken (Giftigkeit, Verhalten in der Umwelt etc.) der von Ihnen hergestellten und in den Verkehr gebrachten Stoffe ermitteln und dokumentieren. Der Hersteller bzw. der Importeur ist somit für den sicheren Umgang mit seinen Chemikalien/Stoffen selbst verantwortlich.

Auch die Etiketten auf Farbflaschen und Verpackungen von Tätowierfarben und Permanent Make-up müssen an die neue REACH-Verordnung bis ins kleinste Detail angepasst werden und eine Liste der Inhaltsstoffe und relevante Sicherheitshinweise enthalten.

Was ist die ECHA?

Die ECHA (European Chemicals Agency übersetzt Europäischen Chemikalienagentur) in Helsinki übernimmt vor allem die Organisation und Kontrolle im Prozess von REACH. Die ECHA ist eine rechtlich selbstständige, unabhängige Regulierungsbehörde. Sie ist keine nachgeordnete Stelle der Europäischen Kommission.

Das oberste Steuerungsgremium ist der Verwaltungsrat, der aus Vertretern der Mitgliedsstaaten, der Europäischen Kommission, des Europäischen Parlaments und von Vertretern "interessierter Kreise" (ernannt von der Europäischen Kommission) besteht (Art. 79 REACH).

ECHA zur Regulierung der Tattoo-Farbmittel (weiterführender Link)

Was ist die Tätowiermittel-Verordnung?

Am 27. November 2008 wurde die neue deutsche Tätowiermittel-Verordnung vom 13. November 2008 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht; die Verordnung trat am 1. Mai 2009 in Kraft. Vorangegangen waren 2003 und 2008 die Resolutionen ResAP(2003)2 und ResAP(2008)1 des Europarats.

Quelle: Bundesministerium für Justiz (weiterführender Link)

Weitere Informationen & Quellen

Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) (Link)

Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (Link)

Bundesverband der Lebensmittelkontrolleure Deutschlands e.V. (Link)

 

 

Liste der verbotenen Pigmente

Ab 04.Januar 2022 nicht mehr zugelassen
NR PIGMENT BEZEICHNUNG
01 CI 10006 Pigment Green 8
02 CI 10020 Pigment Green 12
03 CI 11680 Pigment Yellow 1
04 CI 11710 Pigment Yellow 3
05 CI 11725 Pigment Orange 1
06 CI 11740 Pigment Yellow 65
07 CI 11741 Pigment Yellow 74
08 CI 11767 Pigment Yellow 97
09 CI 12075 Pigment Orange 5
10 CI 12085 Pigment Red 4
11 CI 12120 Pigment Red 3
12 CI 12310 Pigment Red 2
13 CI 12315 Pigment Red 22
14 CI 12370 Pigment Red 112
15 CI 12380 Pigment Red 14
16 CI 12385 Pigment Red 12
17 CI 12390 Pigment Red 17
18 CI 12420 Pigment Red 7
19 CI 12460 Pigment Red 9
20 CI 12465 Pigment Red 15
21 CI 12466 Pigment Red 269
22 CI 12477 Pigment Red 210
23 CI 12480 Pigment Brown 1
24 CI 12485 Pigment Red 146
25 CI 12490 Pigment Red 5
26 CI 15510 Pigment Orange 17
27 CI 15585 Pigment Red 53
28 CI 15800 Pigment Red 64
29 CI 15865 Pigment Red 48
30 CI 15880 Pigment Red 63
31 CI 16185 Pigment Red 193
32 CI 20040 Pigment Yellow 16
33 CI 21090 Pigment Yellow 12
34 CI 21095 Pigment Yellow 14
35 CI 21096 Pigment Yellow 55
36 CI 21100 Pigment Yellow 13
37 CI 21107:1 Pigment Yellow 87
38 CI 21108 Pigment Yellow 83
39 CI 21110 Pigment Orange 13
40 CI 21115 Pigment Orange 34
41 CI 21160 Pigment Orange 16
42 CI 42535:2 Pigment Violet 3
43 CI 42555:2 Pigment Violet 39
44 CI 51319 Pigment Violet 23
45 CI 71105 Pigment Orange 43
46 CI 73360 Pigment Red 181
47 CI 73900 Pigment Violet 19
48 CI 73915 Pigment Red 122
49 CI 74100 Pigment Blue 16
50 CI 74160 Pigment Blue 15
51 CI 74260 Pigment Green 7
52 CI 77603 Pigment Green 13
53 CI 77605 Pigment Red 104
54 Pigment Orange 74 Pigment Orange 74

Diese Liste ist kein offizielles Dokument der EU und dient lediglich zur Information. Quelle: Ralf Michel (Managing Director of DC-TP Europe GmbH) erstellt.